1. Gebrauchs(des)information


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Packungsbeilagen sind verwirrend und unverständlich. Findet jeder. Und dennoch bleibt alles beim Alten. Warum?

Was in der „Gebrauchsinformation“ eines Arzneimittels stehen muß, regelt in Deutschland das Arzneimittelgesetz in §11. Die Informationen sollen „allgemein verständlich in deutscher Sprache und lesbarer Schrift“ verfaßt sein. Für die praktische Umsetzung des Gesetzes gibt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), eine Behörde des Bundesgesundheitsministeriums, vorgefertigte Textmuster heraus, die praktisch alle Hersteller für ihre Packungsbeilagen verwenden. Spätestens seit einer Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK aus dem Jahr 2005 mit über 3.000 Befragten ist aber bekannt, dass die dadurch gesetzten Standards nicht patientenfreundlich sind und die Mustertexte in Deutschland und europaweit geändert werden sollten. Die Forscher legten sogar ein konkretes Muster vor, wie die Packungsbeilage der Zukunft aussehen könnte.

Warum ändert sich dennoch nichts? Weil die Hersteller auf die Behörde warten und die Behörde eben eine Behörde ist, die zu allem Überfluß auch noch eine EU-Richtlinie umsetzt.

Warum aber gehen nicht einzelne Hersteller mit gutem Beispiel voran? Um Gottes Willen, hören wir die Justiziare schreien, der erste, der sich bewegt, hat verloren und trägt, neben dem textlichen und grafischen Entwicklungsaufwand, auch den Imageschaden und die Kosten des Verfahrens, wenn der erste Wettbewerber mit dem Finger auf ihn zeigt.

Aber ist es wirklich so abwegig, als Hersteller aus dem Kartell der Desinformation auszubrechen um dafür zu sorgen, dass nicht nur dem Wortlaut des Gesetzes, sondern auch dessen Geist endlich genüge getan wird? Und was hat diese Frage mit der Marke zu tun?

Baustelle 1: Ob Sie gleich die Revolution gegen den Beipackzettel, wie wir ihn kennen, ausrufen oder mit kleineren Schritten die Information für Ihre Patienten verbessern – sie werden es ihnen danken. In einer eigenen Studie im Auftrag eines Herstellers haben wir bei Lokomotive kürzlich gelernt: die Packungsbeilage ist für den Patienten der mit Abstand wichtigste Kommunikationskanal. Sie kann Vertrauen und Markenbindung schaffen – oder verunsichern, frustrieren, sogar Angst machen.

Hören Sie also auf, die Gebrauchsinformation als lästige Pflicht zu sehen. Warten Sie nicht auf neue Vorgaben des Gesetzgebers oder der Behörden für Ihre ganze Branche, sondern ziehen Sie Wettbewerbsvorteil und geschäftlichen Mehrwert aus einer patientengerechteren Produktinformation. Bauen Sie die Infrastruktur der Informationen rund um Ihr Produkt systematisch aus der Perspektive des Patienten auf. Und zwar nicht nur mit dem Etappenziel, dass der Verwender sich endlich wirklich informiert fühlt; sondern um ihn in die Lage zu versetzen, in eigenen Worten eine Produktempfehlung an andere Menschen mit dem gleichen Leiden abzugeben. Die Treue und Empfehlungsbereitschaft zufriedener Kunden ist schließlich das größte Kapital eines Herstellers.

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